Ruanda

Auf einer Hochzeit in Ruanda

FEBRUAR 2023
In diesem Erfahrungsbericht dreht sich alles um die ruandische Hochzeit, an der ich teilgenommen habe. Dank der vielen Erklärungen einer Freundin konnte ich die ruandischen Bräuche gut verstehen und ich hoffe, dass auch Ihr durch meine Erzählung einen Eindruck davon erhalten werdet.

Am 4. Februar hatte ich die Gelegenheit, an einer ruandischen Hochzeit teilzunehmen. Ich durfte sogar Brautjungfer während der traditionellen und der kirchlichen Hochzeit sein!

Aber damit Ihr versteht, warum es bei einer Hochzeit in Ruanda verschiedene Teile gibt, werde ich Euch alles von Anfang an erklären.

Während ich noch in Tansania war, fand die standesamtliche Hochzeit statt. Domina hat mir erzählt, dass dort etwa 20 Paare gleichzeitig getraut wurden und dass der größte Teil der Hochzeit die anderthalb Stunden dauernde Erklärung des Eherechts war.

Zwei Wochen vor der Hochzeit haben wir den Junggesellinnenabschied gefeiert. Ihr stellt euch vielleicht eine Party mit Aktivitäten unter Freunden vor, wie man es in Deutschland oft macht, aber in Ruanda ist das nicht dasselbe.

Wir trafen uns mit den anderen Brautjungfern, anderen Freundinnen, Domina, der Mutter von Claudette (die Braut) und der Mutter von Domina in Dominas Haus und schmückten das Wohnzimmer mit Luftballons. Um 18 Uhr kam Claudette an und wir haben sie im Hof mit einer Torte und Gesang empfangen. Dann sind wir ins Haus gegangen, wo wir das Lied “Mwiriwe mwari” gesungen haben (na ja, es waren die anderen, die gesungen haben, denn ich kannte den Text nicht). Dieses Lied wird bei jedem Junggesellinnenabschied gespielt: Man verabschiedet sich vom bisherigen Leben, das man unter Freunden und bei den Eltern geführt hat. Es ist der Ernst des Lebens, der nach der Hochzeit beginnt.

Dieser Moment war sehr emotional und Claudette hatte Tränen in den Augen. Danach haben wir noch viele Fotos gemacht und zu Abend gegessen.

Bevor wir den Kuchen verspeist haben und uns verabschiedet haben, gaben die bereits verheirateten Frauen Claudette Ratschläge für ihr Eheleben. Sie sprachen über religiöse Themen (wenn du Sorgen hast, wird dir die Bibel helfen), wirtschaftliche Themen und soziale Themen (man muss beide Familien gleichbehandeln: die eigene Familie und die Schwiegerfamilie). Das Wichtigste ist, dass die Braut sich nicht jedem anvertraut: Ihre Patentante und ihre Mutter sind in Ordnung. Die Geheimnisse der eigenen kleinen Familie sind heilig und müssen gewahrt werden!

Der nächste Termin war in einem Kleiderladen im Zentrum von Kigali, wo wir die Brautjungfernkleider ausgewählt haben, die wir ausgeliehen haben, um sie nachmittags in der Kirche und auf der anschließenden Feier zu tragen.

Jetzt hatten wir etwas zum Anziehen und waren bereit für die Hochzeit. Um 6 Uhr morgens hat mein Wecker geklingelt, da ich um 6:30 Uhr einen Termin beim Friseur in Masaka hatte. Innerhalb einer Stunde hatte er mein Haar in eine Art Dutt verwandelt. Mein glattes Haar bereitete ihm jedoch ein paar Schwierigkeiten und er musste eine Menge Haarklammern verwenden, um alles zusammenzuhalten.

Nach einem kurzen Frühstück mit den Schwestern und vielen Komplimenten für meine Frisur, bin ich mit dem Bus nach Kimironko (Kigali) gefahren, wo die Hochzeit stattfinden sollte. Ich kam zwar eine halbe Stunde zu spät an, aber die traditionelle Hochzeit (die schon hätte beginnen sollen) hatte noch nicht angefangen. Die Brautjungfern sind ohnehin nicht von Anfang an bei der traditionellen Hochzeit. Hier ist die Erklärung:

Während des Teils der traditionellen Hochzeit werden die traditionellen Bräuche Ruandas nachgespielt. In der Vergangenheit (bis in die 1950er Jahre) wählte nicht der Ehemann seine Frau aus, sondern der Vater des Ehemanns wählte für ihn. Wenn er findet, dass eine Familie schöne Töchter hat, fragt er sie, ob sie nicht ein Mädchen für seinen Jungen haben könnten. Der Vater stellt ihm dann seine Töchter vor. Der Vater sucht dann eine Frau für seinen Sohn aus. Dieser Teil wird bei der Hochzeit nachgespielt, und wenn der Vater die “zukünftige Braut” auswählt, tritt die Braut mit den Brautjungfern auf die „Bühne“. Die Brautjungfern bringen Geschenke mit, die das Brautpaar ihren engsten Familienmitgliedern und besten Freunden überreichen. Dies ist ein Zeichen des Dankes für alles, was sie bisher zusammen erlebt haben. Danach haben wir uns mit den “Bräutigamjungfern” an die Tische neben dem Brautpaar gesetzt.

In Ruanda zahlt die Familie des Mannes noch immer eine Mitgift für die Frau. Heute ist es Geld, aber früher wurde der Brautpreis in Form von Kühen gezahlt. Denn Kühe waren ein Zeichen von Reichtum und Wohlstand und zeigten den sozialen Status einer Familie. Zwei “Bräutigamjungfern” spielten also die Verhandlungen über die Anzahl der Kühe nach, die die Familie des Bräutigams der Familie der Braut zahlen sollte. Die Größe der Mitgift hängt vom Reichtum des Ehemannes, dem sozialen Status der Familie der Braut und ihrer Bildung ab.

Heutzutage wird die Mitgift bereits vor der Hochzeit gezahlt und ausgehandelt, aber bei der traditionellen Hochzeit wird sie trotzdem nachgespielt.

Danach war der traditionelle Teil zu Ende und wir haben gemeinsam zu Mittag gegessen.

Nach dem Essen haben wir uns schnell umgezogen, um Fotos zu machen und die Kleider für die kirchliche Hochzeit anzuziehen. Kurz bevor wir mit den Autos in die Kirche gefahren sind, hat Claudettes Patentante (Domina) dem Brautpaar Milch gegeben. Das ist ein Symbol für Wohlstand.

Als wir vor der Kirche angekommen sind, haben wir Brautjungfern und die Brautigamjungfern, uns so aufgestellt, dass das Brautpaar beim Betreten der Kirche durch einen “Korridor” gehen konnte. Das Polizeiorchester spielte auch, denn Didier, der Bräutigam, ist Polizeioffizier.

Ich war überrascht, dass während der Messe neun Paare getraut wurden! Anscheinend sind es oft zwei oder drei Paare in einer Messe, aber neun Paare haben sogar die Domina schockiert. Außerdem kam ein Paar zu spät – aber wir sind in Ruanda, also hat mich das nicht allzu sehr überrascht. Die Messe an sich ähnelte sehr einer Hochzeitsmesse in Deutschland, nur dass sie auf Kinyarwanda war und alle Gelübde etc. neunmal wiederholt wurden.

Nach der Messe ging es in einen kleinen Park, um Fotos zu machen. Für die Fahrt dorthin hatte ich ein kleines Blumenmädchen auf dem Schoß. Wir haben viel zusammen gelacht, auch wenn ich sie anfangs nicht verstanden habe, weil sie auf Kinyarwanda gesprochen hat. Nach einer Weile begann sie, mit mir auf Französisch zu sprechen, und von da an hatten wir noch mehr Spaß!

Der Sonnenuntergang hat uns daran gehindert, weiter Fotos zu machen, was aber auch nicht so schlimm war, da es langsam kalt wurde. Wir sind also zurück zum Gelände, wo die traditionelle Hochzeit stattgefunden hat, gegangen, um den Kuchen zu essen und dem Brautpaar die Geschenke zu überreichen. Diejenigen, die ein Geschenk hatten, haben es dem Moderator des Abends mitgeteilt und dieser rief eine Person nach der anderen auf, um die Geschenke an das Brautpaar zu überreichen und ein gemeinsames Foto zu machen. Als Brautjungfer habe ich dabei geholfen, die Geschenke, die die Braut und der Bräutigam erhalten hatten, wegzuräumen. Nachdem die Geschenke überreicht worden waren, verließ das Paar das Zelt, begleitet von der Polizeikapelle, und ist ins Haus, wo wir unsere Sachen aufbewahrten, gegangen. Dort gab die Patin dem Brautpaar wieder Milch, die sie, nachdem sie davon getrunken hatten, an ein Mädchen und einen Jungen weitergaben. Das ist ein Symbol dafür, dass das frisch verheiratete Paar genug zu essen für ihre Kinder haben soll.

Danach sind die Gäste gegangen und Dominas Mann hat mich netterweise mit dem Auto zu den Schwestern zurückgebracht.

Dank Domina, die mir viel erklärt hat, und vielen anderen Leuten, die mir einige Reden übersetzt und meine Fragen beantwortet haben, habe ich durch diese Hochzeit wirklich viel Neues über die ruandische Kultur gelernt. Es war wirklich eine tolle Erfahrung, auch wenn es natürlich ein bisschen komisch ist, an einer Hochzeit von Menschen teilzunehmen, die man nicht kennt.

Emma